Freitag, 13. September 2013

Zu Besuch bei Opel in Bochum


Wenn der General Motors die Pläne umsetzt wird das Werk 1 in Bochum Ende nächsten Jahres geschlossen. Jetzt ist noch Gelegenheit Opel mal einen Besuch abzustatten. Also nichts wie hin.

Aufgrund der andauernden Absatzrückgänge für Opel in Europa und der resultierenden Überkapazitäten werden reihenweise Werke geschlossen oder verkleinert. Davon betroffen sind besonders die Opelander in Bochum. Aktuell werden dort der alte und neue Zafira sowie der alte Opel Astra & Caravan gefertigt. 
 
Seit Juli 1963 laufen im Werk 1 auf dem fast 500.000m² großen Gelände der ehemaligen Zeche Dannenbaum. Vor dem Nebau wurde der Untergrund zum Schutz vor Bergbauschäden mit einer halben Million Kubikmeter Beton verfüllt. 

Eingang zum Foyer des Opel Werk 1 in Bochum. Hier beginnt die Führung.

Die Führung beginnt mit einem Videovortrag über die Entwicklung eines neuen Automodells vom Bild auf dem Papier zu den nötigen Werkzeugen zur Herstellung der Blechteile. Dann geht es auch schon los auf einen fast 3 Kilometer langen Fußmarsch über das Werksgelände. Photos sind leider nicht erlaubt, daher erfolgt nur eine Beschreibung meiner Eindrücke.

Den Anfang macht das Presswerk, hier werden die angelieferten Rollen Stahlblech (Coils)  zugeschnitten und im Anschluss mit mehreren tausend Tonnen Druck in Form gebracht. Die dazugehörigen Maschinen und Werkzeuge haben einen Gesamtwert von fast 1 Milliarde Euros.

Ende des 19. Jahrhunderts baute Opel zunächst Nähmaschinen und Fahrräder in großer Stückzahl.

Aus eigener Erfahrung weiß ich das die Serienfertigung an der Stahlpresse harte Arbeit ist und man froh sein kann heute fast alles den Industrierobotern überlassen zu dürfen. Menschen sieht man in den riesigen Hallen (500m Länge) nur in Kontrollkanzeln oder an einzelnen Stationen der Vorarbeit. 

Das geformte (tiefgezogene) Blech wird mittels spezieller Transportgestelle an der Hallendecke entlang zur Fertigungsstraße Karosseriebau gebracht. Hier werden von der Bodengruppe ausgehend das Gerippe und die Aussenhaut erst verklebt und dann Verschweißt. Auch hier übernehmen Schweißroboter die Knochenarbeit mit den sperrigen Punktschweißzangen.

Kaum Opel auf dem Opel Werksparkplatz, keine gute Reklame für die eigene Marke.

Interessanterweise werden in Bochum bis zu vier verschiedene Automodelle auf einem Fließband gefertigt. Astra H Caravan, Zafira B &C laufen aktuell in der Produktion. Und das sowohl als Rechts- wie Linkslenker. Die Schweißrahmen und Modulhalter können Sekundenschnell und automatisch ausgewechselt werden, je nachdem welches Fahrzeug gerade dran ist.

Die fertig verschweißte Karosserie mit Türen und Hauben gelangt nun in die Lackiererei. Im Gegensatz zu "normalen" Lackierereien wo ein Fahrzeug im bestenfalle am nächsten Tag fertig ist, dauert hier der komplette Lackaufbau mit Phosphatierung, KTL Beschichtung, Grundierung und Decklack ganze 9 Stunden, inklusive Aushärtezeit. Alles vollautomatisch.

Ein Omega hatte sich auf dem Mitarbeiterparkplatz versteckt, findest du ihn?

Das Werk 1 ist eines der wenigen Autowerke in denen auf mehreren Etagen gearbeitet wird, daher heißt Werksführung auch immer Treppensteigen. So geht es jetzt weiter zur Endmontage der Karosserie, wobei hier zunächst die Türen wieder abgebaut werden. 

Für einen leichteren und ergonomischen Zugang zum Fahrzeug sitzen die Monteure am Fließband auf speziell gelagerten Stühlen die mit dem Förderband  mitfahren. Alle großen Bauteile wie Armaturenträger (inklusive Lenkrad, Klimaanlage und Bremskraftverstärker) werden vom Roboter angereicht und manuell ausgerichtet und festgeschraubt.  Für jeden Arbeitsschritt sind 120 Sekunden eingeplant. 

Die meisten Neuwagen werden auf Eisenbahnwaggons ausgeliefert.

Die Hochzeit von Karosserie und Antriebsstrang erfolgt relativ unspektakulär zum Ende der Produktion, alles ist perfekt eingespielt und klappt daher reibungslos. Am Ende des Bandes können die Autos auf eigenen Rädern stehen und mit Motorkraft zum Prüfstand gefahren werden. Dabei werden sie übrigens nur mit 6.5L Benzin betankt. Der ganze Bau vom Blech zur Probefahrt dauert rund 20 Stunden pro Auto.

Ich kann eine solche Werksbesichtigung nur jedem Empfehlen, zumal die Eindrücke nicht bildlich festgehalten werden dürfen. Aber nur vor Ort kann man sich vorstellen wie aufwändig die Herstellung eines Autos ist. Allein die permanente Versorgung mit Bauteilen vom Zulieferer macht eine perfekte Logistikkette unabdingbar. Auch davon habe ich schon mehr als genug erlebt. Sogar die LKWs sind speziell gebaut für eine automatische Entladung der Fracht.


Nur durch weitestgehende Automatisierung und Standardisierung aller Arbeitsschritte lässt sich eine Produktion von bis zu 1000 Autos am Tag erreichen. Also seht es euch an, bevor die Lichter in Bochum ausgehen!

Mehr Informationen zur Werksbesichtigung: www.wir-gemeinsam.eu

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